Neue Chancen ermöglichen
Studierende des Studiengangs »Soziale Arbeit – Psychische Gesundheit und Sucht« besuchen das Zentrum für Psychiatrie (ZfP) Reichenau
Anfang August erhielten Studierende des Studiengangs »Soziale Arbeit – Psychische Gesundheit und Sucht« tiefere Einblicke in die wichtige Rolle der Soziale Arbeit in der forensischen Psychiatrie. Unter der Leitung von Studiengangsleiter Professor Dr. Tobias Staiger besuchten sie dafür das Zentrum für Psychiatrie (ZfP) Reichenau und erfuhren mehr über den Maßregelvollzug und die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunftsperspektiven psychiatrischer Einrichtungen.
Im Maßregelvollzug einer forensischen Psychiatrie werden psychisch erkrankte oder suchtmittelabhängige Straftäter*innen untergebracht und behandelt, die zum Zeitpunkt der Tat nicht oder nicht vollständig schuldfähig waren. Ziele der Behandlung sind die Besserung und Sicherung dieser Menschen sowie eine Vorbereitung und Unterstützung der gesellschaftlichen Teilhabe nach Beendigung der Therapie. Sozialpädagog*innen bzw. Sozialarbeiter*innen nehmen dabei eine zentrale Rolle ein und stehen in engem Austausch mit ärztlichen und psychologischen Therapeut*innen sowie dem Pflegepersonal. Sie beraten und unterstützen die Patient*innen in sozialrechtlichen sowie administrativen Bereichen und tragen in den Bereichen »Wohnen«, »Arbeiten«, »Finanzen« und »Freizeit« zur Resozialisierung der Menschen bei.
PD Dr. med. Jan Bulla, medizinischer Direktor der Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie, Nora Ebe, Alumna der DHBW Villingen-Schwenningen, und Peter Reutter, Sozialarbeiter in der forensischen Ambulanz und Mitglied im Prüfungsausschuss an der DHBW Villingen-Schwenningen, begrüßten die Gruppe und betonten die Bedeutung der Sozialen Arbeit in der Psychiatrie. Während der Exkursion bot sich den Studierenden zudem die Gelegenheit, verschiedene Stationen des Maßregelvollzugs zu besuchen und dabei auch mit Patient*innen ins Gespräch zu kommen.
Abschließend besichtigten die Exkursionsteilnehmenden das hauseigene Psychiatrie-Museum mit seiner Ausstellung über die mehr als 100-jährige Geschichte des ZfPs, das 1913 als »Badische Heil- und Pflegeanstalt bei Konstanz« gegründet wurde. Insbesondere die Rolle der Psychatrie während des NS-Regimes hinterließ einen nachhaltigen Eindruck bei den Studierenden. Unter den unzähligen Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen, die auf Basis des »Gesetzes zur Verhütung erbkrankten Nachwuchses« im Nationalsozialismus zwangssterilisiert oder ermordet wurden, da sie nach Ansicht der Nationalsozialisten nicht in die „Gesundung des Volkskörpers“ passten, befanden sich auch 508 Patient*innen der damaligen Heil- und Pflegeanstalt. Ein Mahnmal auf dem Gelände des Zentrums für Psychiatrie erinnert an die Opfer des Verbrechens.
„Die Vergangenheit muss uns lehren, auch in Zukunft gegen Diskriminierungen einzutreten“, bekräftigt Staiger. Der Umgang mit psychischen Erkrankungen treffe in der Gesellschaft auf eine immer größere Akzeptanz. Dennoch sei insbesondere der Aufenthalt in der stationären Psychiatrie nach wie vor mit negativen Attributen verbunden, die oftmals eine dauerhafte Stigmatisierung der Patient*innen zur Folge hätten. „Problematisch ist dabei, dass psychische Erkrankungen in den Medien zum Teil einseitig mit Gewalttaten verknüpft werden und damit ein verschobenes Bild in der Öffentlichkeit entsteht. Soziale Arbeit ist hingegen gefordert, auch denjenigen Menschen Hilfen zur Alltagsbewältigung anzubieten, die auf gesellschaftliche Abwege geraten sind, und ihnen damit eine neue Chance zur gesellschaftlichen Teilhabe zu ermöglichen“, führt der Studiengangsleiter weiter aus.
Der Studiengang »Soziale Arbeit – Psychische Gesundheit und Sucht«
Studierende bzw. Absolvent*innen des dualen Studiengangs »Soziale Arbeit – Psychische Gesundheit und Sucht« begleiten in der Psychiatrie und Suchtkrankenhilfe Menschen mit seelischen Belastungen ein Stück weit auf ihrem Weg in das alltägliche Leben. Insbesondere die Mitarbeit in einem Team unterschiedlicher Berufsgruppen – etwa Ärzte, Psychologen, dem Pflegepersonal und Therapeuten – und die Kooperationsfähigkeit über die Einrichtungen hinaus mit anderen sozialen Diensten, Behörden und Angehörigen zeichnet ihre Arbeit aus. Als staatlich anerkannte*r Sozialarbeiter*in bzw. Sozialpädagog*in vermitteln sie materielle Hilfen und weiterführende Behandlungsangebote. Das breite Tätigkeitsspektrum umfasst Selbsthilfe-Förderung, Angehörigenarbeit, soziales Training, öffentliche Darstellung, sozialpolitische Gremienarbeit, Selbsterfahrung, Prävention und Nachsorge.

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