Künstliche Intelligenz (KI) ist längst keine Vision mehr aus Science-Fiction-Filmen – sie ist zu einem festen Bestandteil unseres Alltags geworden. Ob in Sprachassistenten, personalisierter Werbung oder automatisierten Prozessen in der Industrie: KI-Technologien verändern unsere Lebens- und Arbeitswelt grundlegend.
„KI hält massiv Einzug“, sagt auch Prof. Dr. Gert Heinrich, Prorektor der DHBW Villingen-Schwenningen. „Gerade für eine praxisintegrierte Hochschule wie die DHBW ist es entscheidend, technologische Entwicklungen wie die KI nicht nur zu beobachten, sondern aktiv in die Lehre zu integrieren. Wir bereiten unsere Studierenden darauf vor, nicht nur Anwender zu sein, sondern verantwortungsvolle Gestalter dieser Technologien.“
Kick-Off für neues Profilfach
So auch im Bereich des Steuer- und Prüfungswesens, dessen Studienangebot an der DHBW VS bundesweit einen hervorragenden Ruf besitzt. So wurde die DHBW VS bereits zum wiederholten Male vom Manager Magazin mit dem ersten Platz als beste Hochschule im Bereich Wirtschaftsprüfung ausgezeichnet. Um den wachsenden Anforderungen gerecht zu werden, hat die DHBW VS ein neues Profilfach eingeführt: Digitalisierung im Steuer- und Prüfungswesen. Der Startschuss fiel dabei mit einem Vortrag von Prof. Dr. Peter Krug, bis vor Kurzem noch stellvertretender Vorstandsvorsitzender und Chief Markets Officer (CMO) bei DATEV eG. Krug hat bereits vor 40 Jahren zum Thema KI promoviert und lange Zeit in der Software-Entwicklung gearbeitet. Sein Vortrag beschäftigte sich mit dem Thema „KI – Hype oder Gamechanger?“
Er begann mit einer provokanten These: „Künstliche Intelligenz ist aktuell die überschätzteste Technologie der Welt – und wird in fünf Jahren die unterschätzteste sein.“ Damit verdeutlichte Krug, wie stark die Meinungen über KI zwischen Euphorie und Skepsis schwanken – und wie entscheidend es ist, sich differenziert mit ihren Potenzialen auseinanderzusetzen.
Im Zentrum seiner Analyse stand die Beobachtung, dass KI-Technologien spätestens seit dem Aufkommen von ChatGPT Ende 2022 rasant an Sichtbarkeit gewonnen haben. Die Technologie sei plötzlich für jedermann erfahrbar geworden – und zwar nicht nur für Technikspezialisten, sondern auch für Fachkräfte in Büro, Verwaltung oder Kanzleien. Doch dieser schnelle Zugang wirft eine zentrale Frage auf: Wer beurteilt eigentlich die Qualität der KI-Ergebnisse? Krug betont: „Wenn kein Top-Experte da ist, um die Arbeit der KI zu beurteilen, wird es schwierig. Das geht nur, wenn ich Profi bin.“ Damit spricht er eine der größten Herausforderungen an: Die Technik mag fortgeschritten sein, doch ihre Einordnung und Anwendung erfordern weiterhin menschliches Fachwissen.
Vor allem in Berufsfeldern wie Steuern, Recht oder Wirtschaftsprüfung sieht Krug tiefgreifende Veränderungen. Während KI in der Lage sei, Routineaufgaben zu automatisieren, eröffne sie zugleich neue Möglichkeiten. „Die gute Nachricht ist: KI wird Sie nicht ersetzen – eine Person, die KI beherrscht, wird es“, so Krug weiter. Wer also verstehe, wie man KI sinnvoll einsetze, bleibe unersetzlich. Der Mensch bleibt im Zentrum – allerdings mit geänderten Rollenprofilen.
Ohne Daten wie ein Schwimmbad
Ein Punkt seines Vortrags betraf die Datenbasis, auf der KI-Modelle beruhen. Krug formulierte es plastisch: „Eine KI ohne Daten ist wie ein Schwimmbad ohne Wasser.“ Die Leistungsfähigkeit dieser Systeme hängt maßgeblich davon ab, mit welchen Informationen sie trainiert wurden – und wie aktuell, vielfältig und verlässlich diese sind. Veraltete oder verzerrte Daten können zu inhaltlich falschen, aber sprachlich überzeugenden Ergebnissen führen. Diese Unsicherheiten machen es umso dringlicher, dass Fachkräfte lernen, KI-Ergebnisse kritisch zu prüfen. Doch woher sollen diese Fachkräfte kommen, wenn alle nur noch mit KI arbeiten? „Das ist eine der spannendsten Fragen. Vielleicht wird es nicht die gleiche Menge an Fachleuten sein - aber Experten braucht es weiter“, so Krug. Auch wenn sich Tätigkeiten verändern, bleibt menschliches Know-how essenziell – insbesondere, um technische Entwicklungen verantwortungsvoll zu steuern.
Trotz aller Herausforderungen sieht Krug in der KI keinen bloßen Hype, sondern ein Werkzeug mit echtem Veränderungspotenzial – vorausgesetzt, sie wird reflektiert und kompetent genutzt. Entscheidend sei nicht, was KI kann, sondern was wir Menschen daraus machen. Deshalb ruft er zu einem aktiven, verantwortungsvollen und aufgeklärten Umgang mit der Technologie auf.
Was bringt die Zukunft?
Sein Fazit lautete: Künstliche Intelligenz ist weder Bedrohung noch Wunderlösung – sie ist das, was wir daraus machen. Oder, wie er es formulierte: „Wir stehen nicht am Ende, sondern am Anfang einer Entwicklung – und wie wir sie gestalten, wird über ihren Nutzen entscheiden.“
„Professor Krugs Vortrag hat unterstrichen, wie relevant KI für unsere Branche ist – und wie richtig wir an der DHBW VS liegen, dieses Thema frühzeitig in Lehre und Praxis zu verankern“, so Prof. Dr. Paula Wellmann, eine der Studiengangsleiter*innen im Fach RSW – Steuern und Prüfungswesen.