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Hochkarätige Vorträge ermöglichen einen echten Wissensvorsprung

Am 26. Oktober 2022 öffneten sich zum vierten Mal die Türen des Zukunftsforums. Rund 100 Gäste aus Wirtschaft und Wissenschaft besuchten die Fachveranstaltung mit Vorträgen zum Thema »Industrie im regionalen Strukturwandel«. In seiner Begrüßungsrede appellierte Oberbürgermeister Jürgen Roth dafür, sich auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten gemeinsam als Region auf übergeordnete Herausforderungen einzustellen: „Wir brauchen hier in Villingen-Schwenningen den Dialog zwischen Bildung, Wirtschaft, Industrie, Politik und vielen weiteren Akteur*innen, wenn es darum geht, gemeinsam zu überlegen, wie wir eine Region auch in Krisenzeiten fit für die Zukunft machen.“ In der Vergangenheit habe der Schwarzwald-Baar-Kreis und Villingen-Schwenningen gezeigt, dass es möglich ist, sich auf verändernde Gegebenheiten und Entwicklungen einzustellen – auch wenn es zuweilen einen langen Atem fordere.  

Dr. Thomas Stahlecker vom Fraunhofer-Institut für System und Innovationsforschung eröffnete inhaltlich den Abend mit seinem Vortrag. Darin skizzierte er exemplarisch regionale Strukturwandel im Laufe der Zeit anhand einschneidender Brüche. So etwa den Strukturwandel ab den 1960er-Jahren im Zuge der Kohle- und Stahlkrise und auch den Übergang von einer rohstoffbasierten Wirtschaft hin zu einer produktionsorientieren Wirtschaft, die sich wiederum verlagerte hin zu einer Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft. Einen besonderen Fokus legte der Wissenschaftler auf die notwendige Erneuerung regionaler Produktions- und Innovationssysteme im Zusammenhang mit ökonomischen, ökologischen und gesellschaftlichen Herausforderungen. In den letzten dreißig Jahren verzeichne die Innovationsforschung unterschiedliche Dynamiken. So haben sich Innovationen etwa von Zielen wie der Produktivitätssteigerung, der Vermeidung von Risiken und der Schaffung von Wohlstand gelöst und sich der sozialen Verantwortlichkeit und dem Wohlbefinden zugewandt. Unumstritten sei es, so Stahlecker, Nachhaltigkeitsziele in globaler, nationaler und regionaler Perspektive stets im Blick zu behalten. Jedoch würden sich die Ausgangsbedingungen und Maßnahmen dafür auf regionaler Ebene erheblich unterscheiden und die Entwicklungspfade der Regionen, Wirtschaftsstrukturen und institutionelle Arrangements eine tragende Rolle spielen. „Bereits in den nächsten Jahren werden alle Sektoren und Regionen massive Transformationen erwarten“, erklärt Stahlecker. „Für transformative Erneuerung bieten grüne Innovationen eine Chance und es gibt viele Initiativen, Maßnahmen und Diskurse, die sich regional sowie lokal anpassen.“ Gleichzeitig müssten sich Unternehmen für anstehende Herausforderungen wie der technologischen Komplexität und den gesellschaftlichen Trends sensibilisieren.

Matthias Stotz, Geschäftsführer der Uhrenfabrik Junghans, berichtete im nachfolgenden Vortrag, wie sich das Unternehmen während seines 161-jährigen Bestehens zukunftssicher aufstellt. Ein Blick auf die Unternehmensgeschichte verdeutlicht, dass Junghans Jahrzehnte hinweg durch technische Innovationen bestach, mit denen sich das Unternehmen immer wieder dem Wandel der Zeit anpasste. Die Quarzkrise der 1970er-Jahre traf das Unternehmen dennoch schwer. Trotz herausragender elektronischer Technik litten die Verkaufszahlen. Ein Umschwung brachte letztendlich die Rückkehr zum gefragten mechanischen Uhrendesign – und der Insolvenzantrag: „In meinen Augen war die Insolvenz Junghans‘ größte Chance“, so Stotz. „Sie bot den Auslöser, den Kund*innen zu zeigen, dass wir wieder anders und hochwertiger werden müssen. Über unsere Geschichte und den Neustart besannen wir uns wieder auf unsere ‚Basics‘.“ Seit 14 Jahre vereint Junghans wieder erfolgreich Tradition mit technischer Kompetenz und Design. Die Herausforderung der Unternehmenstransformation bei gleichbleibender Produktpallette bleibt aber weiterhin bestehen.         

Was können kleine oder mittlere Unternehmen von Start-ups lernen? Erklärungen dazu legte Marco Bertiller mit seinem Vortrag vor, der das Start-up SPINNAX GmbH & Co. KG gründete. „Unternehmen sind oft mit strategischen Prozessen beschäftig, die sich um den Erhalt des eigenen Platzes am Markt drehen und können dadurch träge werden. Start-ups hingegen haben keine Bestandsprodukte, bei denen der Druck zur Weiterentwicklung herrscht“, erklärt Bertiller. Durch meist flache Hierarchien besäßen Start-ups schnelle und kurze Kommunikationswege; Entscheidungen könnten schneller getroffen werden. Zusätzlich bestünde – im Gegensatz zu bestehenden Unternehmen – eine höhere Fehlertoleranz: „Ein voller ‚Fehlerspeicher‘ kann neue Ideen im Keim ersticken. Start-ups hingegen machen Fehler via ‚Trial and Error‘, sie sind gewissermaßen systemimmanent.“ Um Herausforderungen der Zeit optimal zu begegnen, wäre laut Bertiller die Kombination verschiedener Eigenschaften und Herangehensweisen ideal:  schlanke Prozesse, wie sie bei zahlreichen Start-ups vorzufinden sind und einem fundierten Erfahrungsschatz eines renommierten Unternehmens.

Der Geschäftsführer der ISGUS GmbH, Stefan Beetz, sprach über die Entwicklung des Schwenninger Unternehmens vom Uhrenhersteller zum umfassenden Lösungsanbieter für Zeit- und Datenerfassung. Neben der aufkommenden Quarztechnologie seien Faktoren wie die hohe Fertigungstiefe und Lohnkosten sowie eine geringe Innovationskraft der Unternehmen Auslöser für die Krise und den späteren Untergang der Uhrenindustrie in Schwenningen gewesen, erklärt Beetz. Rückblickend habe die Region jedoch durch den Zwang, neue Geschäftsmodelle und Produkte zu entwickeln, eine stärker diversifizierte Wirtschaftsstruktur gewonnen. „Als gesundes Unternehmen hatte ISGUS entsprechende finanzielle Ressourcen, um in Neues zu investieren und den langen Weg des Wandels durchzustehen“, führte Beetz aus. „Dazu kam ein Generationswechsel in der Geschäftsleitung und der Mut, etwas Neues zu probieren.“ Durch die Einstellung neuer

Mitarbeitenden und Weiterbildungen, der Schaffung neuer Abteilungen und Unternehmensbereiche sowie der Suche nach neuen Vertriebswegen sei ISGUS über längere Zeit der Wandel gelungen. Im Gegensatz zu damals hätten Unternehmen heutzutage immer weniger Zeit, sich neu zu erfinden. Entwicklungen und Trends müssten sondiert und ihre Nutzungsmöglichkeiten analysiert werden. Eine gesunde Altersstruktur, ein richtiges Maß an Fluktuation und den damit einhergehenden neuen Ideen sowie eine aufgeschlossene Unternehmenskultur würden fortlaufende Transformationen positiv beeinflussen, so Beetz. Er hält fest: „Als Unternehmen ist es unerlässlich, den Wandel anzunehmen und ihn zu gestalten. Veränderungen wie die Digitalisierung können nicht aufgehalten werden. Aber wir können sie zu unserem Vorteil nutzen, indem wir aus vergangenen Projekten lernen und andere Sichtweisen zulassen.“

„Ich freue mich, dass das Zukunftsforum nach der pandemiebedingten Pause ein so erfolgreiches ‚Comeback‘ feierte. Der Abend bot den Teilnehmenden informative und spannende Eindrücke. Mein herzliches Dankeschön gilt allen Referenten, Organisator*innen und Teilnehmenden“, so Professor Dr. Flynn, Studiengangsleiter »BWL – International Business« und Mitveranstalter des Zukunftsforums.

Das Zukunftsforum wird als Diskussionsplattform innovativer Themen aus Wissenschaft und Praxis von der DHBW Villingen-Schwenningen und IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg gemeinsam mit der Hochschule Furtwangen, TechnologyMountains e.V. und dem Marketing-Club Schwarzwald-Baar e.V. durchgeführt. Der Termin für das Zukunftsforum 2023 wird in Kürze bekannt gegeben.

Abgebildet sind die Organisatoren des Zukunftsforums
Die Organisator*innen und Referenten des Zukunftsforums 2022 mit Oberbürgermeister Jürgen Roth
"Annika Honacker"

Annika Honacker