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Blickpunkt 86

Geschlechtsspezifische Gewalt im Kontext von Flucht und Migration – Ansätze für die Gewaltprävention

„Häusliche Gewalt zieht sich durch alle Gesellschaftsschichten. Sie kann jede*n betreffen“, erklärt Alexander Stotkiewitz, Mitarbeiter der Abteilung für Chancengleichheit und Diversity der Stadt Stuttgart. Stotkiewitz sprach als einer der Gastreferenten des zwölften und letzten Vortrags »Geschlechtsspezifische Gewalt im Kontext von Flucht und Migration – Ansätze für die Gewaltprävention« der Reihe »Gender & Diversity«. Neben Stotkiewitz waren Mohammad Naser Rostami und Mohamad Abdullah als Referenten zu Gast. Beide begleiten als ehrenamtliche Mitarbeiter das Projekt »Mit Migrant*innen für Migrant*innen (MiMi)«, das seit 2020 von der Stadt Stuttgart gefördert wird und als Ansatz in der Vorlesung vorgestellt wurde. Teil des Ansatzes sind ehrenamtlichen Mitarbeitenden, die selbst Flucht- und/oder Gewalt erfahren haben, und sich zu Gewaltschutzmentor*innen schulen lassen. Eben diese Schulung durchliefen Rostami und Abdullah. Im Rahmen der Veranstaltung berichteten sie von ihrer Arbeit, für sie wichtige Punkte im Umgang mit Menschen mit Fluchterfahrung, von kulturellen Unterschieden und was sie angehenden Sozialarbeitenden mit an die Hand geben möchten.

Die Arbeit gegen häusliche Gewalt mit Geflüchteten wird von diversen Punkten beeinflusst. So können die Personen von ihren Erfahrungen traumatisiert oder durch die neue Situation in einem anderen Land verunsichert sein. Ihr Verständnis von Gewalt ist meist kulturell geprägt und »Züchtigungen« im eigenen Haushalt gehören eventuell nicht für sie dazu. Dazu kommen sprachliche Barrieren und Unwissenheit über verschiedene Hilfsangebote. Stotkiewitz erläutert dazu seine Methode der »Gender-Plus-Brille«. Personen und häusliche Gewalt werden durch diese Brille in einer Vielfalt von Dimensionen betrachtet. In Bezug auf das »MiMi Projekt« ist sowohl die ethische als auch kulturelle Dimension von großer Bedeutung.

Rostamis Arbeit beinhaltet die Beratung und Begleitung von Menschen mit Fluchterfahrung. Die Gespräche finden meist in den Wohnungen oder Unterkünften der Betroffenen statt. Dies ermöglicht Einblicke in die Lebensweisen, die ein bloßes Gespräch vielleicht nicht geschaffen hätte. Geduld und eine gute Beziehung zu den Personen sind wichtige Bestandteile seiner Arbeit. Abdullah hilft unter anderem im Männer-, Frauen- und Familienkaffee mit. Bei dieser Arbeit hat er die Möglichkeit Vertrauen aufzubauen und somit zu den Betroffenen durchzudringen. In der Vorlesung schilderte er außerdem seine persönlichen Erfahrungen und welche positiven Auswirkungen die kulturelle Anpassung seines Familienlebens hat.

Abschließend möchte Rostami den Teilnehmenden der Veranstaltung noch einmal deutlich machen: „Menschen verlassen ihr Land nicht ohne Grund. Wir sind verletzlich, wir sind viel verletzt worden. Es ist wichtig, uns nicht aufzugeben.“

Von Celine Häcker

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