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Wie funktioniert Nachhaltigkeit in der Kinder- und Jugendhilfe?

Das Haus Nazareth ist ein dualer Partner der DHBW Villingen-Schwenningen. Der freie Träger der Kinder- und Jugendhilfe mit rund 700 Mitarbeitenden ist im Prozess, ökologische Nachhaltigkeit stärker in den Einrichtungsstrukturen zu verankern. Aus diesem Grund hatte Olaf Rauber, Referatsleiter Frühe Hilfen und verantwortlich für die Koordination der Nachhaltigkeitstransformation in der Einrichtung, DHBW-Professorin Barbara Schramkowski in die Mitarbeitenden-Konferenz eingeladen. Dort stellte sie Ergebnisse ihres Forschungsprojekts „Leuchttürme ökologischer Nachhaltigkeit in der Kinder- und Jugendhilfe“ vor.

Worum geht es bei diesem Projekt?

Schramkowski hat in den vergangenen Monaten Interviews mit acht Leitungskräften großer Träger und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe geführt, die innovative Konzepte zur ökologischen Nachhaltigkeit entwickelt und nachhaltige Praktiken auf verschiedenen Ebenen implementiert haben. Ziel des Projekts ist es, Lösungen und Co-Benefits der Transformation sichtbar zu machen, wie etwa gesünderes Essen, mehr Naturkontakt, Kosteneinsparungen durch Photovoltaik-Anlagen oder die Reduzierung von Lebensmittelabfällen.

Ein zentrales Ergebnis ist die „transformative Haltung“ der interviewten Personen, die alle vor allem Lösungen sehen und innovative Ideen unterstützen anstatt zu argumentieren, warum Klima- und Umweltschutz zu teuer oder zu schwierig umzusetzen seien. Diese Haltung hat zu zahlreichen innovativen Praktiken wie Nachhaltigkeitswettbewerben oder Entsiegelungs- und Pflanzaktionen geführt.

Ernährungsumstellung in allen Küchen

Zentral war für alle interviewten Leitungskräfte die Ernährungsumstellung. In allen Küchen der Einrichtungen wurde der Fleischkonsum deutlich reduziert. „Den größten ökologischen Mehrwert hat es, den Fleischkonsum senken. Das hat tatsächlich finanziell positive Auswirkungen und einen relativ starken Impact in Bezug auf CO². Das ist einfach umzusetzen. Und das ist eigentlich der gute Tipp, einem anderen Einrichtungsleiter zu sagen: Einfach machen. Also jetzt zum Thema Fleisch. Einfach nicht so viel thematisieren,“ formuliert es einer der Interview-Partner Schramkowskis.  

Zudem könne so ohne Kostensteigerung der Anteil an ökologisch und regional produzierten Produkten erhöht werden, wie ein weiterer Interviewpartner betont: „Das ist Teil der Kostenstruktur: Wenn man auf Fleisch verzichtet, ist es durchaus möglich auch mehr mit ökologischen Lebensmitteln zu kalkulieren.“

Diese Maßnahmen werden bereits umgesetzt

Auf der Mitarbeitenden-Konferenz wurde deutlich, dass im Haus Nazareth schon viel passiert ist auf dem Weg der ökologischen Nachhaltigkeitstransformation: So werden beispielsweise Produkte von innatura bezogen. Dabei handelt es sich um eine Plattform, die fabrikneue Sachspenden bedarfsgerecht an gemeinnützige Organisationen vermittelt. Außerdem werde auf den Dächern viel sauberer Strom produziert, Flächen wurden entsiegelt und Bäume gepflanzt. Es wird nachhaltig gebaut, die Großküche bezieht die Produkte mehrheitlich aus der Region und der Fuhrpark wird nach und nach im Rahmen der wirtschaftlichen Möglichkeiten auf E-Fahrzeuge umgestellt.

Gleichzeitig ist die klare Haltung der Einrichtungsleitung, dass weitere Schritte gewünscht und wichtig sind. So sagt Daniel Hahn, stellvertretender Direktor und Mitglied im Hochschulrat der DHBW VS: „Als christliche Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung ist unser Grundverständnis, das Wohl junger Menschen und deren Familien in den Mittelpunkt zu stellen und somit unser Handeln verstärkt ökologisch nachhaltig auszurichten, um zugleich auch der Verantwortung für Gottes Schöpfung gerecht zu werden. Im Zuge der Organisationsentwicklung erhält das Thema Nachhaltigkeit deshalb auch zukünftig einen hohen Stellenwert. Sie ist nicht nur Anhängsel, sondern eine wichtige Querschnittsaufgabe, die in allen Bereichen und Prozessabläufen zu beachten ist. Als Referenzrahmen dienen dabei die von den Vereinten Nationen 2015 verabschiedeten 17 Nachhaltigkeitsziele.“

Ehrlich über die Klimakrise sprechen

Wichtig ist, so zeigen auch Forschungen, mit jungen Menschen ehrlich über die Klimakrise zu sprechen, unangenehme Klimagefühle wie Angst, Ohnmacht oder Wut zu thematisieren und gleichzeitig mit ihnen Handlungswege zu entwickeln. Dies setzt voraus, dass auch die Erwachsenen aktiv werden und somit authentisch sind, was den Aspekt 'ins nachhaltige Handeln kommen‘ betrifft. Für das Haus Nazareth gilt jedenfalls sicher: Die Einrichtung ist in Bewegung

 

Daniel Hahn (von links), Prof. Dr. Barbara Schramkowski und Olaf Rauber machen sich für Nachhaltigkeit in der Kinder- und Jugendpflege stark. Foto: DHBW VS