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Professorinnen stellen Facetten internationaler Sozialer Arbeit vor

Erinnerungsarbeit in einer Post-Konflikt-Gesellschaft und schottischer Kinderschutz

Im Zuge eines Campus-Abends stellten drei Professorinnen des Sozialwesens der DHBW Villingen-Schwenningen ausgewählte Facetten internationaler Sozialer Arbeit vor. Anhand zweier Beispiele aus unterschiedlichen Ländern blickten die Referentinnen auf die Arbeitsweisen und sprachen über deren Bedeutung für das fachliche Handeln in Deutschland.

Prof. Dr. Barbara Schramkowski sprach einleitend kurz über die internationale Bedeutung der Sozialen Arbeit. Dazu stellte sie Mary Richmond (1861-1928), Jane Addams (1860-1935) und Alice Salomon (1872-1948) als wichtige Wegbereiterinnen der Sozialen Arbeit vor. „Soziale Arbeit ist  schon immer durch internationale Entwicklungen und Perspektiven geprägt gewesen“, sagte sie. „Eine Kritik in diesem Zusammenhang ist, dass in fachlichen Debatten jedoch fast durchgängig Wissensbestände des »Globalen Nordens« dominieren und Wissensbestände des »globalen Südens« immer wieder verdrängt wurden und werden.“ Zentrale Organisationen auf internationaler Ebene seien die »International Federation of Social Workers (IFSW)« und die »International Association of Schools of Social Work (IASSW)«, so die Rednerin.

Über den Kinderschutz in Schottland referierte Prof. Dr. Christina Plafky. „Die Kinder und Jugendhilfe dort ist nicht zu vergleichen mit der hiesigen. Mit 5,1 Millionen Einwohner ist Schottland dünn besiedelt und die dezentrale Lage vieler Orte erschwert die Arbeit generell“, erklärte Plafky, die selbst in Schottland arbeitete. Mit dem Ansatz »GIRFEC – getting it right for every child« versucht die schottische Regierung zielgerichtet Kinder und jungen Menschen zu helfen, indem sie das Kind in den Mittelpunkt stellen. »SHANARRI« ist das Kürzel, das für »Safe, Healthy, Achieving, Nurtured, Active, Respected, Responsible und Included« steht und eine Leitlinie zugrunde legt, die nicht nur für die Soziale Arbeit, sondern auch für das Gesundheits- und Schulwesen eine zentrale Rolle in der Betreuung, Begleitung und Förderung von Kindern und Jugendlichen darstellt. Soziale Arbeiter*innen dürfen nur mit einer Lizenz tätig sein und das Thema der Professionalisierung sowie der interdisziplinären Zusammenarbeit, bei der die Versäulung der unterschiedlichen Bereiche reduziert oder sogar aufgelöst wird, spielt nicht nur institutsübergreifend, sondern in jedem einzelnen Fall eine Rolle.

Mit der dualen Praxisphase in Ruanda startete Prof. Dr. Karin E. Sauer ein Projekt der Sozialen Arbeit im Bereich der Erinnerungsarbeit in einer Post-Konflikt-Gesellschaft. Seit 2016 koordiniert sie das Studierenden-Austauschprogramm mit der Protestant University Ruanda (PUR) in Huye. Sauer sprach in ihrem Vortrag über den friedenspädagogischen Ansatz von Paulo Freire und die interkulturelle Versöhnungsarbeit mittels des seelsorgerlich-therapeutischen Verfahrens »Healing of Memories«, das unter anderem in der Täter-Opfer-Arbeit zur Aufarbeitung von Folgen der Apartheid in Südafrika angewandt wurde. „Die Opfer und Täter leben heute wieder nebeneinander; das ist eine schwierige Ausgangssituation. Das »Healing of Memories« ist ein mehrphasiger Friedens- und Versöhnungsprozess, der eine nachhaltige Befriedung und ein gemeinsames Miteinander herstellen möchte“ sagte Sauer. Dazu bedarf es der Vergebung: „Wer nicht vergibt, bleibt in der Vergangenheit verhaftet. Wer es schafft zu vergeben, kann selbst befreit weiterleben. Auch der Erste und Zweite Weltkrieg prägen die deutsche Post-Konflikt-Gesellschaft. Es ist, wie man gerade heute am Erstarken des Nationalismus wahrnehmen kann, sehr wichtig Erinnerungs- und Aufklärungsarbeit zu leisten.“

Ein Fachtag der Fakultät Sozialwesen wird sich am Donnerstag, 27. Februar 2020, mit der »Personenzentrierung im Kontext der BTHG Reform« beschäftigen. Beginn ist 9:30 Uhr. Neben einem Fachvortrag von Prof. Dr. Christina S. Plafky werden auch Workshops mit Vertreter*innen aus der Praxis angeboten. Mit einem offenen Ende zum Austausch schließt der Fachtag gegen 17:00 Uhr. Inhaltlich organisiert wird der Fachtag von Prof. Dr. Christina Plafky und Prof. Dr. Anja Teubert.

Prof. Dr. Karin E. Sauer im Gespräch mit Dative Nakabonye, Leiterin einer NGO für Gewaltprävention in Ruanda (Bild: DHBW Villingen-Schwenningen).