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Im Gespräch mit Prof. Dr. Clive Flynn zum Start der Theoriephase

Herr Professor Dr. Flynn, Sie sind Leiter des Studiengangs BWL - International Business an der DHBW Villingen-Schwenningen; am Montag, 30. März, begann für die Zweit- und Viertsemester die Theoriephase. Wie sind Sie unter den aktuellen Umständen gestartet?

Das Coronavirus hat die Hochschullandschaft sprichwörtlich überrannt und stellt uns alle vor eine bisher nicht dagewesene Herausforderung. An vielen Hochschulen war das Thema „E-Learning“ und „Online-Angebote“ bisher hauptsächlich ein Marketing- oder Diskussionsthema – viel mehr allerdings nicht. Doch die eingeführten Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung des Virus haben das Thema zentraler werden lassen; die Hochschulen müssen aktuell ihre Lehrangebote von heute auf morgen auf den Online-Betrieb umstellen.

Und natürlich werden wir unseren Studierenden ab der ersten Woche der kommenden Theoriephase Unterlagen über Online-Plattformen bereitstellen und auf diesem Wege Lernaufgaben verteilen. Für mich stellt das zunächst einen ersten Schritt dar, der weiter ausgebaut werden kann.

Was genau meinen Sie damit?

In unserem hochtechnologisierten Zeitalter sollten wir daran arbeiten, die Vorlesungen in solchen Situationen auch virtuell anbieten zu können. In der Umsetzung werden wir aber aktuell mit verschiedenen Problemen konfrontiert; sei es, dass die notwendigen Tools nicht zur Verfügung stehen, oder dass die Tools, die vorhanden sind, von dem plötzlichen und starken Anstieg der Anwender*innen überfordert sind. Auch die Regelungen der DSGVO stellen uns vor Herausforderungen, die es zu klären gilt. Nichtsdestotrotz haben wir seit Montag den Online-Betrieb aufgenommen. An dieser Stelle möchte ich mich bei den Dozent*innen und Kolleg*innen für die großartige Leistung bei der Umstellung ihrer Vorlesungen auf die Online-Lehrvermittlung bedanken. Ohne ihre Flexibilität und Kreativität wäre das alles nicht möglich gewesen.

Wie ist bei Ihnen im Studiengang BWL - International Business der Semesteranfang abgelaufen? Haben Sie bereits ein abgeschlossenes Konzept innerhalb der kurzen Zeit entwickeln können oder wird es ein Prozess „Learning by Doing“ sein, indem Rückmeldungen Studierender aufgenommen werden und möglicherweise zu weiteren Entwicklungen führen?

Als Erstes habe ich eine Semestereinführungsveranstaltung in Form einer Videokonferenz mit den beiden Jahrgängen 2018 und 2019 abgehalten, um die bisher schriftlich kommunizierten Maßnahmen noch genauer zu erklären. Gleichsam möchte ich damit den Studierenden die möglichen Unsicherheiten nehmen. Es ist wichtig, dass sie wissen, dass sie nicht allein gelassen werden, sondern dass wir für sie da sind. Nach der Semestereinführung fanden, je nach Jahrgang und Kurs, die ersten Online-Veranstaltungen statt. Die Lehrenden wendeten sich an die Studierenden, um ihre Konzepte und das individuelle Vorgehen in den ersten Wochen zu erklären. In den meisten Fällen findet ein begleitetes Selbststudium mit Online-Ergänzungen statt. Die Kontaktaufnahme mit den Lehrenden erfolgt entweder mittels Videokonferenzen, Chats oder E-Mail – soweit das geplante Vorgehen. Aber wir müssen, um die zweite Frage zu beantworten, in der Lage sein, flexibel zu reagieren: sollte eine Lösung nicht funktionieren, müssen wir bereit sein, andere Wege zu gehen, um ans Ziel zu kommen und eine funktionierende Lehre zu ermöglichen. Ich bin allerdings sehr zuversichtlich, dass dies gelingen wird.

Sie stehen im Austausch mit den weiteren Studiengangsleitungen der Fakultät Wirtschaft. Wie nehmen Sie die dortigen Bemühungen wahr, Lösungen für das begleitete Selbststudium oder Online-Lehrveranstaltungen zu finden?

Alle bemühen sich sehr den Lehrbetrieb professionell und bestmöglich fortzuführen und die Inhalte dabei in die Online-Lehre zu überführen. Selbstverständlich geht es in erster Linie darum, den Studierenden eine grundsolide Basiswissensvermittlung zu gewährleisten, bevor wir uns auf eher unbekannte technologische Pfade begeben.

Derzeit ist es notwendig, mögliche Tools zu testen und deren Möglichkeiten für uns zu bewerten. Dies kann notfalls auch im »Ernstfall«, d. h. im laufenden Vorlesungsbetrieb, erfolgen, um die Online-Lehre sowohl für die Studierenden als auch für die Lehrenden interessanter, abwechslungsreicher und zielführender zu gestalten. Hier stehen wir gerade erst an den Anfängen.

Welche Besonderheiten können Sie ausmachen, die sich in der Gesamtsituation positiv oder negativ auf den Studiengang BWL - International Business verstärkend auswirken?

Die derzeitige Situation zeigt uns, wie vernetzt die Weltwirtschaft ist: Probleme in China bedeuten, dass die Produktion in Deutschland zum Stillstand kommen kann. Das Virus wird durch Menschen übertragen, die über Ländergrenzen hinweg entweder privat oder geschäftlich unterwegs sind.

Manche Unternehmen werden hier vielleicht zu einem Umdenken gezwungen. Vielleicht fragen sie sich, ob eine billigere Produktion in China auf lange Sicht die richtige Lösung ist oder ob im Sinne der Risikominimierung und Nachhaltigkeit eine andere Strategie besser wäre. Das sind aber Themen, die wir seit langem in International Business ansprechen und diskutieren.

Die Globalisierung wird von der Corona-Pandemie nicht aufgehalten, aber vielleicht führt sie für einen Moment dazu, dass Manager*innen animiert werden, ihre bisherigen Handlungsweisen zu hinterfragen oder gar neu auszurichten.

Im Sinne des Klimaschutzes erfahren wir vielleicht auch, dass viele Geschäftsreisen, die bisher getätigt wurden, womöglich nicht zwingend notwendig und durch eine Videokonferenz ersetzbar sind. Dennoch, auch hier ist ein gutes Verständnis für die verschiedenen Kulturen und ihre Kommunikationsstrategien von großer Bedeutung, ich würde sagen: gleichermaßen – wie bei einer persönlichen Begegnung. Ein Faktor, den wir im Studiengang BWL - International Business ebenfalls bereits seit langem vermitteln.

Wichtig ist auch voneinander zu lernen. Ich würde jetzt eine Zusammenarbeit zwischen den Hochschuleinrichtungen begrüßen, um einen Austausch der Best-Practice Beispiele zu ermöglichen. In dieser kurzen Zeit haben wir alle im Sinne der Digitalisierung der Lehre neue Erfahrungen gewonnen. Diese Erfahrungen sollten wir nicht nur für uns behalten, sondern untereinander und mit den Lösungsanbietern teilen, um sicherzustellen, dass wir nicht noch einmal in eine solche Situation geraten.

In diesem Quartal hält ein Dozent aus Gent (Belgien) im vierten Semester BWL - International Business eine Vorlesungsreihe, die in den betroffenen Zeitraum fällt. Geplant war zunächst eine Präsenzveranstaltung, die der Dozent dankenswerterweise kurzfristig in ein Online-Lehrangebot umgestellt hat. In der Vergangenheit zogen wir Präsenzveranstaltungen anderen Angeboten vor, was uns terminlich und in der Auswahl der Dozent*innen oft einschränkte. Momentan zwingt uns die Situation dazu, uns mit anderen Möglichkeiten der Lehre zu beschäftigen. In der Zukunft hoffe ich von diesen neuen Erkenntnissen zu profitieren, sodass wir unser Lehrangebot durch Veranstaltungen mit internationalen Dozent*innen weiter ausbauen und bereichern können. Ich würde mir wünschen, dadurch nicht nur unsere bestehenden internationalen Partner, sondern auch neue Partner stärker in unser Lehrangebot einbinden zu können und somit die internationale Ausrichtung und Erfahrung für unsere Studierenden zu verstärken.

Welche Rückmeldungen erhalten Sie derzeit von Studierenden? Wie gehen sie mit der Situation um?

Im Studiengang BWL - International Business haben wir offen die Situation kommuniziert und sind im Austausch mit den Studierenden. Sie bringen sich bisher unterstützend ein und zeigen Verständnis für die notwendigen Umstellungen. Die Semestereinführungsveranstaltungen am Montag waren für mich zudem ein Thermometer, um die Situation besser abschätzen zu können. Ich werde weiterhin auf eine offene und transparente Kommunikation setzen und bin sehr zuversichtlich, dass wir das zusammen bewältigen werden.

Auch unter diesen erschwerten und neuen Bedingungen wünschen wir Ihnen, Ihren Kolleginnen und Kollegen in der Lehre und besonders den Studierenden einen guten und erfolgreichen Start in die Theoriephase!